Aufwind-Institut: Herr Dr. Bachmann, welcher Zusammenhang besteht zwischen Bildung und Kriminalität?
Dr. Bachmann: Auf den Punkt gebracht, lässt sich sagen: Je niedriger das Bildungsniveau, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit kriminellen Verhaltens. Die Forschungslage hierzu ist erfreulich klar.
Aufwind-Institut: Wie lässt sich dieser Zusammenhang erklären?
Dr. Bachmann: Von einer guten Bildung hängt für den Einzelnen vieles ab. Wer die Schule ohne Abschluss verlässt, hat es in der Regel nicht leicht, seine Ziele zu erreichen. Das beginnt schon mit der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Ohne diesen wiederum wird es schwer im Berufsleben. Häufig ist dann das Geld für die notwendigen Dinge des Lebens nicht vorhanden. Wem durch mangelnde Bildung also letztlich die Möglichkeiten fehlen, auf legale Weise seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und seine Wünsche zu erfüllen, neigt mehr dazu, es auf unerlaubten Wegen zu versuchen. Und denken Sie auch an das Frust- und Aggressionspotenzial, das mit Perspektivlosigkeit einhergehen kann.
Aufwind-Institut: Neben dem Umstand, dass überhaupt ein Schulabschluss vorhanden ist, dürfte sicher auch eine Rolle spielen, welcher Bildungsweg beschritten wird. Ist das richtig?
Dr. Bachmann: So ist es. Untersuchungen haben beispielsweise gezeigt, dass Schülerinnen und Schüler an Gymnasien weniger kriminalitätsbelastet sind als solche an Hauptschulen.
Aufwind-Institut: Dies alles spricht letztlich dafür, dass unsere Gesellschaft nichts unversucht lassen sollte, um jedem Kind die bestmögliche schulische Förderung zu ermöglichen.
Dr. Bachmann: Ja, und dabei geht es keineswegs „nur“ um die Verhinderung von Straftaten, sondern auch um die Vermeidung immenser Folgekosten für die Gesellschaft. Ein anschauliches Beispiel hierfür sind die Sozialleistungen: Wer seinen Lebensunterhalt nicht ausreichend selbst sichern kann, ist auf sie angewiesen.
Aufwind-Institut: Lassen Sie uns aber nicht nur auf die Probleme mangelnder Schulbildung schauen, sondern auch mögliche Lösungen in den Blick nehmen. Welche Bedeutung hat etwa eine individuelle Lernförderung, wie sie vom „Aufwind-Institut“ angeboten wird?
Dr. Bachmann: Das ist genau die richtige Maßnahme für Schülerinnen und Schüler, die erhebliche Lernschwierigkeiten haben und deren Förderbedarf in einer Gruppe nicht hinreichend Rechnung getragen werden kann. Von einer individuellen Lernförderung können z.B. Kinder profitieren, die nur schwer die notwendige Motivation oder Konzentration zu regelmäßigem Lernen aufbringen können und möglicherweise häufig die Schule schwänzen, die – eventuell schon mehrfach – nicht in die nächste Klassenstufe versetzt werden konnten oder mangelnde Deutschkenntnisse haben, weil sie etwa aus ihren Heimatländern fliehen mussten.
Aufwind-Institut: Im 2016 veröffentlichten Endbericht zur Evaluation des Bildungspakets des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wird deutlich aufgezeigt, dass Kindern aus einkommensschwachen Elternhäusern eine solche professionelle Lernförderung größtenteils vorenthalten bleibt. Wie bewerten Sie das?
Dr. Bachmann: Das ist nicht hinnehmbar! Es handelt sich dabei um Fälle, in denen ein besonders großes Risiko besteht, dass die betroffenen Kinder ihre schulische Laufbahn nicht erfolgreich beenden werden, und zwar mit all den negativen Folgen, die damit einhergehen und die bereits beschrieben wurden. Den zuständigen Stellen ist dringend zu empfehlen, keine Kosten und Mühen zu scheuen, um gerade auch Kindern aus einkommensschwachen Familien individuelle Lernförderung zu ermöglichen. Das gibt es nicht zum Nulltarif. Es ist aber eine Investition, die großen gesamtgesellschaftlichen Nutzen hat, weil sie kriminalpräventiv und integrierend wirkt sowie Kosten vermeidet, die um ein Vielfaches über denen für die Lernförderung selbst liegen. Ich erinnere noch einmal an die schon erwähnten Sozialleistungen, die im Fall späterer Arbeitslosigkeit aufzubringen wären oder – wenn es ganz schlimm kommt – an die hohen Kosten für den Strafvollzug.
Aufwind-Institut: Herr Dr. Bachmann, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.